Pressebericht Jazz-Club 22.10.2017

New Orleans vereint immer noch jung und alt

Publikum feiert Torsten Zwingenberger und die New Orleans Shakers

(ez) „Do you know what it means to miss New Orleans“ – in der Tat würden Gemüt und Ohren sehr viel vermissen, gäbe es diese mitreißende Musik nicht. Torsten Zwingenberger und seine New Orleans Shakers sorgten am vergangenen Samstag vor gut gefülltem Haus dafür, dass in dieser Hinsicht kein Mangel entsteht.

Die Hamburger Band – zwei alte Hasen der Jazzszene und zwei versierte junge Kollegen. Neben Torsten Zwingenberger am Schlagzeug stand der wunderbare Klarinettist Thomas l’Étienne, der auch für Tenorsaxophon und Gesang zuständig war und mit vielen Details und oft einem Augenzwinkern durch das abwechslungsreiche Programm führte. Piano und Bass waren in anderer Besetzung als angekündigt zu hören, zwei junge Musikerkollegen waren eingesprungen. Gregor Kilian an Göttingen bediente teils furios, teils gefühlvoll die schwarzen und weißen Tasten und Franz Blumenthal spielte einen wunderbar swingen Kontrabass.

Der „Wolverine Blues“ von Jelly Roll Morton stand am Anfang des Abends, und da die Karibik nicht weit vom Delta ist, folgte ein schwungvolles Stück aus Martinique, eigentlich ein Rausschmeißer am Ende eines Konzerts, aber die Zuhörer wurden gebeten, trotzdem weiter auszuharren. Sie hätten sonst auch den Zug verpasst für die „Sentimental Journey“. Bekannt ist die von Doris Day gesungene Version, hier war es nun der Schlagzeuger, der als Auftakt des Stückes einen Dampfzug anfahren und Tempo gewinnen ließ. „Einsteigen bitte, Türen schließen“, ein Pfiff und dann ging es los – stampfend und schnaufend setzte die Lok sich in Bewegung. Weiter ging es in immer schnellerem Tempo, das Tenorsaxophon stieg mit ein und die anderen Kollegen ebenfalls und mit einem kleinen Anklang an „Take the A-Train“ endete diese Reise. Tosender Beifall vom total begeisterten Publikum.

Ganz im Kontrast dazu stand der Titel „Love me or leave me“, den einst Billie Holiday sang, ein sehr träumerisches, verhaltenes Stück. Es folgte das älteste Stück des Abends, der Marsch „High Society“, ein Paradestück für jeden Klarinettisten, bei dem Thomas l’Étienne sein ganzes Können virtuos unter Beweis stellte. Vor der Pause kam noch ein kleines Duostück für Schellentambourin – „mein Taschenschlagzeug“ – und Klarinette, bei dem die beiden Instrumente sich quasi vergnügt umgarnten. Sein brasilianischer Titel „Tico Tico“ wurde launisch mit „der Piepmatz auf dem Maisfladen“ übersetzt. Brasilianisch ging es auch im zweiten Set weiter mit einem traditionellen temperamentvollen Musikstück, einem Choro von Jaco de Bandolin und danach einem sentimentalen Klarinettenstück von K-Ximbinho. Der Pianist brachte als großes Solo ein Medley als Hommage an den Pianisten Art Tatum. Und dann lud noch Torsten Zwingenberger zu einer musikalischen Weltreise „à la percussion“ ein, von der afrikanischen Savanne über den Urwald hin zu anderen Regionen. Das gesamte Arsenal an Instrumenten umfasste neben dem Schlagzeug mit sämtlichen sechs Becken auch Schellen für den Vogelgesang, Rumbarasseln, ein Cajon, ein „Regentropfenrohr“, ein Waschbrett, Bongos und einen Barhocker. Schließlich kann ein akrobatisch spielender Drummer auch dessen Sitzfläche gut gebrauchen.

Als letztes Stück des Abends erklang „Caledonia“, ein wilder mitreißender Boogie. Lang anhaltender begeisterter Applaus holte das Quartett zu zwei Zugaben zurück auf die Bühne, zuerst gab es „When I grow too old to dream“, das nach Wechsel von Saxophon zu Klarinette in „Do you know what it means to miss New Orleans“ überging. Und dann drehte sich noch die „Moulin à café“. Und dann war es fast Mittenacht und die Zuhörer gingen mit unvergesslichen Klängen im Ohr nach Hause.