Pressebericht TAH vom 29.12.2023

Boogie für die Stadt mit dem guten Geschmack

Duo „Magic Boogie Show“ mischt den Jazz-Club auf

Die Jahresrückblicke sehen diesmal nicht besonders gut aus, das Jahr 2023 hat sich nicht gerade beliebt gemacht. Aber es war nicht alles schlecht, es kommt immer auch auf den Blickwinkel an. Der 27. Dezember beispielsweise ist ein Fixtermin für gute Laune, die Freunde des Jazzclubs Holzminden wissen das und kommen in Scharen zum letzten Event in die Bahnhofsstraße. Das war in diesem Jahr nicht anders, proppenvoll war der Club, um die „Magic Boogie Show“ zu sehen – und vor allem – zu hören! Die Magic Boogie Show sind Vito und Mickey, der diesmal leider verhindert war, zum Glück aber durch Tino Roberts an der Gitarre einen würdigen Ersatz fand.

Das Duo führte ihr Publikum zurück in die Mitte des 20 Jahrhunderts. Der auszehrende Krieg war zu Ende, die Zeiten wurden spürbar besser, man konnte sich wieder ohne schlechtes Gewissen vergnügen. Nach den kulturell düsteren Nazijahren strahlte von Amerika ein neues Lebensgefühl herüber und blies den alten Mief hinfort. Boogie Woogie, Swing, Rock and Roll – die ganze Palette dieser revolutionären Musik packten die beiden Musiker in eine mitreißende Show, die kein Gesicht ohne Lächeln oder Lachen hinterließ. Vito ist ein Vollblut-Boogieman, ein Berserker am Piano, der den letzten Ton eines Stückes gerne mal mit der Ferse spielt, oder ein Bein auf’s Klavier legt und darunter die Tasten beackert, als wäre das die normale Spielweise.  Ein Percussion-Teil und die Bluesharp bedient er bei Bedarf noch nebenbei. Es hört sich an, als würde ein Tausendfüßler musizieren. Tino Roberts glänzte an der Gitarre mit routiniertem Spiel und war mit Vito bestens abgestimmt. Zwei Künstler, die ihr Programm im Kopf, wie in den Fingern haben. Und in der Stimme. Tino versucht erst gar nicht, Fats Domino, Elvis oder andere zu imitieren, er passt seine Interpretationen seiner Stimme an und kommt gerade deshalb den Originalen sehr nahe. Eins zu eins nachspielen ist sowieso nicht ihr Ding, mit Lust und Laune arrangieren sie die uralten, ewig jungen Songs auf ihre ganz eigene Art und Weise neu mit einem Elan und einem Spielwitz, die keinen Gast unberührt lassen. Da gab es Instrumentals und Balladen, die nicht jedem geläufig waren, neben Titeln, die heute jeder zwischen 15 und 95 kennt: Blueberry Hill, Tutti Frutti, Hello Mary-Lou und Lucky Lips, lauter Songs, die alle mitsingen konnten. Neben anderen Klassikern wie Rock around the Clock, und dem Haifischlied aus der Dreigroschenoper boten der vitale Vito und der smarte Tino neben Kentucky und Kansas City weitere Evergreens aus der den fünfziger Jahren. Nicht erst bei Let’s twist again konnten sich einige im vollen Jazzclub nicht mehr zurückhalten und tanzten, so gut es in dieser Enge möglich war. Auch Vito selbst war nicht mehr zu halten, er sprang auf sein Piano und grüßte mit jovialer Geste das jubelnde Publikum. 

Es gab aber auch kleine Verschnauf-pausen mit etwas ruhigeren Titeln. Eine eigenwillige Interpretation des „Figaro-Motivs“ führte die atemlosen Gäste in ein musikalisches Märchenland, ein zauberhaftes Arrangement mit vielen neuen Ideen, die den Puls kurzfristig senkte, um danach gleich wieder in die Vollen zu gehen.

Bei der Zugabe Blue Suede Shoes ging nochmal richtig die Post ab, ehe sich Vito und Tino mit White Christmas verabschiedeten, nicht ohne zu betonen, das Holzmindener Publikum hätte den besten Geschmack. Die Holzmindener Jazzclubfans honorierten die Künstler mit lautstarkem Applaus und alle freuen sich schon auf den 17. Januar, wenn dann die Gastgeber, die Sleepy Town Jazzband den Jahresreigen an Veranstaltungen in der Bahnhofstraße eröffnen.

Text: Ernst Schaffer
Bilder: Uwe Redeker