Pressebericht JCH 3.3.2023

Melodisch swingend mit „TouchDown“ 

Individuell präsentierte bekannte Titel gemischt mit Eigenkompositionen 

(ez) Der Soundcheck am Samstagabend ging fast unmittelbar in den Auftritt über, da die Musiker, abgesehen von Bandleader Lutz Fußangel, der schon den Workshop geleitet hatte, einige Anreiseprobleme hatten.
Das Programm begann mit einem schön swingenden dezenten Titel von Herbie Hancock, gefolgt von der freien Version eines dorischen Chorals. Noch hat das Stück keinen Namen, und es fiel auch niemandem einer ein, der sowohl die Sphärenklänge als auch die kraftvoll schreitenden Passagen unter einen Hut gebracht hätte. Deutlich wilder mit gutem Drive dann der Blues „Changing of the guard“ - Ben von Poser brillierte am Klavier mit langen virtuosen Läufen. Ein wenig Zuckerguss für’s Gefühl sollte nicht fehlen, und so erklang „Some day my prince will come“ aus dem alten Schneewittchenfilm von Walt Disney, anfangs im ¾ Takt. Allerdings fing die Band unvermittelt gewaltig an zu swingen, der Zuckerguss war fort, und nur die letzten Takte nahmen die Klangfarbe des Anfangs wieder auf. Vor der Pause spielte „TouchDown“ noch“A night in Tunesia“ von Dizzy Gillespie, hier ein rasches Paradestück für Tenorsaxophon und Klavier, aber auch der Teil mit nur Piano, Kontrabass und Schlagzeug (Nesin Howhannesijan und Thomas Fülbier) war ein echtes Glanzstück.

Zu den Eigenkompositionen gehörte „La linea gialla“ von Ben von Poser, er outete sich als Fan des Bahnfahrens. Der Song erzählt von der gelben Linie auf den Bahnsteigen in Italien. „Take five“ von Dave Brubeck wurde unerwartet temporeich präsentiert, danach musste das Publikum bei „All blues“ von Miles Davis erst einmal die Köpfe wenden, denn der Saxophonist begann hinten im Raum zu spielen und wanderte mit stetig wiederholten kurzen Melodiepassagen zu seinen Kollegen auf der Bühne. Das letzte Stück des Abends war ein recht rasches „There’ll never be another you“, in das die Musiker hie und da einige Noten des „Mackie Messer“-Songs einstreuten. Lang und begeistert applaudierten danach die Gäste im Club, als Zugabe bekamen sie den Blues „Tenor madness“ zu hören, natürlich mit einem fulminanten Solo des Tenorsaxophons. Wegen der wild wirbelnden Finger des Pianisten hätte es aber gut auch „Piano madness“ heißen können. Und ganz zum Schluss spielte die Band noch die gefühlvoll melodiöse Eigenkomposition „Al Kalif“, benannt nach einem Lokal, in dem sie einst vor einem Auftritt saß. „Es ist allgemein schwieriger, für die Stücke einen Namen zu finden als sie zu schreiben,“ kommentierte dazu der Bandleader.

Als nächstes findet im Jazz-Club am 19. und 20. April das 10. Weserbergland Bluesfestival statt - mit dem Bad Temper Joe Trio und der Andreas Diehlmann Band, sowie mit The Bluesanovas und mit Kai Strauss & The Electric Blues Allstars.