Pressebericht JCH 8.7.2024
Lieber Bix Beiderbecke anstatt Al Capone
Das alte Chicago – musikalisch präsentiert von der „Dusty Lane Jazzband“
(ez) Wem beim Chicago der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts nur fiese Gangster und riesige Schlachthöfe einfallen, der vergisst seine Bedeutung für die Entwicklung des Jazz. Der Norden bot, auch für Musiker, gute Arbeitsmöglichkeiten, und so etablierte sich in Chicago eine neue Jazzszene, geprägt vor allem von weißen Musikern wie etwa Bix Beiderbecke oder Gene Krupa, die den New-Orleans Jazz nachahmten. Gegenüber diesem bekamen nun aber individuelle Soli eine viel stärkere Bedeutung, und das Saxophon wurde zunehmend prägend.
Ganz in diesem Stil präsentierte die „Dusty Lane Jazzband“ aus Essen ihr Programm voller bekannter und beliebter Titel. Von „At the jazzband ball“ über „Basin Street“ zu „Dr. Jazz“ und „Some days you’ll be sorry” konnte sich das Publikum an ausgefeilt arrangierten Stücken erfreuen. Die einzelnen Instrumentalsoli bekamen viel Applaus, insbesondere aber die von Barbara Schirdewahn-Debring gesungenen Stücke. Eine eher kleine Person mit einer großen Stimme, die sanft sein konnte, dann wieder rau und frech, und ungeahnte Tiefen erreichte. In „Big butter and egg man“ von Louis Armstrong trat der Kontrabass von Armin Runge mit einem langen Solo hervor, und beim „St. Louis Blues“ das Saxophon von Erich Leininger. Er feuerte seine Kollegen so richtig an, und alle drehten mächtig auf. Peter Mischke, Fingerakrobat am Piano, begann „Ain’t misbehavin“ mit einem virtuosen Intro. Die Trompete von Gerd Debring – mal rotzfrech, mal schmetternd, mal gedämpft – geizte nicht mit den Soli. Hervorzuheben der lange Atem und die sichtliche Spielfreude von Jürgen Schlitt an der Posaune, immerhin ist der Musiker schon achtzig. Last but not least, ist der Schlagzeuger Achim Bräuer und sein minutenlanges kraftvoll wirbelndes Solo in „Sweet Georgia Brown“ zu nennen. Die restliche Band durfte sich inzwischen setzen gehen, bevor er dann in verlässlicher Manier wieder für alle den Takt angab.
Der unterhaltsame und mitreißende Abend endete mit einem Medley, augenzwinkernd angekündigt als „Erkennen Sie die Melodie“, und als Zugabe spielte die „Dusty Lane Jazzband“ nach dem langen herzlichen Applaus noch ein sehr gefühlvolles „What a wonderful world“.